Deutschland,  E1 - Europawanderweg,  Holsteinische Schweiz,  Schleswig-Holstein,  Wandern

Auf dem E1 von Preetz nach Plön

Covid ist überstanden und ich fühle mich fast wieder vollständig fit. Zumindest fit genug, um die nächste Etappe des E1 anzugehen. Dieser mistige kleine Virus hat mich immerhin um ein langes Wanderwochenende gebracht. So freue ich mich heute umso mehr, den Tag bei sonnigstem Wetter genießen zu können.

Preetz

Auf dem Markplatz in Preetz gönne ich mir zuerst ein Croissant und einen Milchkaffee. „Mann“ will ja ordentlich gestärkt den Wandertag beginnen. Nach dem opulenten Frühstück kann es losgehen. Der E1 führt interessanter Weise nicht direkt an der Schwentine entlang. Er macht einen Schlenker durch ein Wohngebiet, um dann langsam ins Grüne zu verschwinden.

Wer sind die Menschen, die einen Fernwanderweg erstellen?

Nach wenigen Minuten durch den Wald am Stadtrand, öffnet sich auf einer Anhöhe der Blick weit über das Schwentinetal. Wow, fährt es mir in den Kopf. Dieser Blick über das Land wäre uns Wandernden verborgen geblieben, wenn der E1 auf dem direkten und sehr schönen Weg, am Flüsschen entlang verlaufen würde. Hey, ihr Wegedesigner oder Wegeersteller. Das habt ihr richtig gut gemacht.

Blick über die Schwentine

Wie heißen die Menschen die einen Wanderweg machen, designen oder was auch immer? Wer ist das überhaupt? Hinter den vielen Andreaskreuzen, Infotafeln und der Wegeführung stehen Menschen. Wer auch immer ihr seid, vielen Dank für euren Einsatz.

Deii Deii Da Da, dadei dada, dada dadei, so oder so ähnlich schalt es die Straße hoch. Auf seinem Töffli sitzend, mit Taschen am Lenker, singt sich ein hörbar fröhlicher rundlicher Mann die Straße nach Preetz hinein. Solche Momente kann nur erleben, wer langsam genug in dieser schnellen Welt unterwegs ist.

Positiv enttäuschte Erwartungen

Von der heutigen Etappe erwarte ich viele tröge Kilometer entlang von Straßen, durch landwirtschaftliche Nutzfläche. Kurz hinter Preetz bringt mich ein kaum sichtbarer Abzweig aber zuerst einmal weg von der Straße, auf einen traumhaften Pfad durch den Wald. Der Darm ruft nach einem kurzen Stopp abseits des Wegs. Kaum habe ich mich ins Abseits verzogen, legen sie los. In Massen fallen Stechmücken über jeden cm freie Haut ein. Könnt ihr euch beim Insektensterben nicht ganz vorne anstellen.

Von einer Pferdekoppel auf die nächste Pferdekoppel / Reiterhof Gläserkoppel

Zum Ende des Lanker Sees führt nun der E1 entlang der Straße. So denke ich mir das zumindest. Doch schon ein paar Minuten später laufe ich zwischen Lanker See und Kührener Teich durch das LIFE-Projektes „Bombina“. Mit einer Renaturierungsmaßnahme hat hier unter anderem die Rotbauchunke ein Zuhause gefunden. Kaum liegt das Naturschutzprojekt hinter mir, öffne und schließe ich ein Türchen nach dem andren, um über die Pferdekoppeln des Reiterhofs Gläserkoppel in den nächsten Wald zu gelangen.

Nun aber ist es soweit. Der lange befürchtete Abschnitt auf dem Asphalt beginnt. Doch wie von Zauberhand verläuft der E1 gleich wieder auf einem Pfad am See entlang. Den Einstieg hätte ich allerdings beinahe wegen fehlender Markierung verpasst. Am Ende des Pfades bietet sich auf einer gemähten Wiese, ein Baum seinen Schatten für die Mittagsrast an.

Asphalt und Monokultur mit rosa Brille

Nach der Rast ist es dann aber soweit. Gut sieben Kilometer weit laufe ich nun auf der Straße durch die Felder. Die Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50 hat ordentlich zu tun, während der Schleswig-Holsteinische Wind immer für eine leichte Erfrischung sorgt. Ich weiß nicht ob es mir hier gefallen soll. Die Landschaft mit ihren sanften Hügeln und den Getreidefeldern bis zum Horizont, schaut einfach lieblich aus. Doch ohne diese rosa Brille sind die endlosen Felder doch nur Monokulturen, welche mit viel Chemie frei von allem Leben gehalten werden. Genauso ist es auch hörbar. Oder besser gesagt man hört hier fast nichts mehr. Kaum einen Vogel und schon gar kein Insekt.

Gut Güsdorf

Am nächsten Abzweig sind diese Gedanken schon wieder verschwunden. Zwischen alten Birken führt ein schmaler Pfad, zum Gut Wittmoldt. Ein zotteliges Highland Rind liegt im hohen Gras im Schatten und würdigt mich keines Blickes. Entspannung pur ist bei den Viechern auf der Weide angesagt.

Eine Bushaltestelle erregt meine Aufmerksamkeit. Abgeranzt wie sie ist, möchte sie geradezu von mir fotografiert werden. Und während ich an dieser Kreuzung die beste Perspektive für das Foto suche, hält ein verdreckter SUV mit Hänger mitten auf der Straße an. Der Fahrer setzt wieder bis zu mir zurück, öffnet das Fenster und fragt ob ich den Bus verpasst hätte. Er würde mich sonst mitnehmen. Er blockiert dabei die schmale Straße, doch niemand regt sich auf. Und ich bin wieder mal von dieser so einfachen Begegnung begeistert.

Überquerung der B 76 Richtung Plön

Die B 76 gehört hier zu den wichtigsten Verkehrsadern der Region. Das merkt der Wanderer spätestens, dort wo der E1 die Bundesstraße quert. Die Lücken zwischen den Autos sind recht klein um sicher die andere Straßenseite zu erreichen.

Umwege sind Wege zu den eigenen Gedanken

Plön liegt hier schon zum Greifen nahe. Doch der E1 leistet sich einen großen zusätzlichen Bogen um das Etappenziel zu erreichen. Dafür wird man mit einer Badestelle am Trammer See belohnt. Nach der Badestelle weitet sich der Bogen um den See nochmal ein ganzes Stück weiter aus. Der Weg führt nun deutlich weg vom Ziel. Da kommt der Gedanke auf, abzukürzen. Es wäre ja auch nur ein sehr kurzes Stück entlang der B76.

Badestelle am Trammer See

Doch Stopp. Woher kommt nur dieses rationelle Bedürfnis hier abzukürzen. Es kommt doch gar nicht darauf an, Deutschland auf einer möglichst kurzen Strecke zu durchqueren. Es ist doch der Weg selbst, der die Wanderung ausmacht. Alle seine Erlebnisse, die Eindrücke die man mitnimmt. Und nicht eine Strecke von A nach B möglichst auf dem direkten Weg zurückzulegen. Wer weiß, was einem auf diesem „Umweg“ erwartet.

Am Ziel bin ich dankbar jeden Kilometer der heutigen Etappe gelaufen zu sein. Nicht unbedingt, weil es wieder viele sehr schöne Kilometer waren. Vielmehr deshalb, weil ich mich auf jeden Kilometer eingelassen habe.


Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei „Hiking Europe“ heruntergeladen.

„Original-Track von Hiking Europe / Preetz – Plön“



Du möchtest wissen was es Neues gibt!

Dann trage Dich zum Newsletter ein und ich infomiere Dich!

Ich versende keinen Spam! In der Datenschutzerklärung kannst Du mehr darüber lesen.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner