Auf dem E1 von Kiel nach Preetz
Wer mit dem Zug in Kiel ankommt, kann direkt mit dem Bus auf die Ostseite der Förde an die Schwentinemündung fahren. Oder, das finde ich viel schöner, man läuft durch die Stadt zur Anlegestelle Reventlou und setzt mit der Fähre auf die andere Seite über. Soweit so Plan. Ich freu mich wie Schnitzel mit der Fähre überzusetzen, schaue aber vorher nochmals auf den Fahrplan der SFK. Und – tadaa, an Sonn- und Feiertagen fährt die Fähre nicht. Ich liebe den ÖPNV.
Nun ist doch Bus fahren angesagt. Nach einem Kaffee am Bahnhof laufe ich zum ZOB. Sonntag morgens ist ja noch nicht viel los. So der Gedanke. Der Bussteig ist dann allerdings proppenvoll. Ganz umweltfreundlich ist eine Reisegruppe mit gefühlt 1.000 Koffern mit dem ÖPNV zum Anleger ihres Kreuzfahrtschiffs unterwegs. Bis Menschen und Koffer halbwegs sinnvoll in Bus gestapelt sind, braucht es einige Ansagen der Busfahrerin. Reisen ist halt immer wieder ein Abenteuer.
Endlich dürfen die Füße wieder laufen
Nach einer viertel Stunde Bus fahren geht es dann endlich los. Das Café Luna an der Schwentinemündung hat schon geöffnet. Ein paar Gäste sitzen davor und genießen das Frühstück und die Sonne. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich mit dem Kaffee noch ein bisschen gewartet. Sollte nicht so sein. Also los.
Noch einmal unter einer fetten Straßenbrücke durch, und schon fühlt es sich eher nach Auenland und weit weg an. Das ich noch eine ganze Weile in Stadtnähe unterwegs bin, das verrät nur ab und an das Rauschen des Verkehrs. Flott überholt mich ein radelndes Pärchen, grüßt und ist verschwunden. Nicht lange und sie schieben vor mir den „Berg“ hoch. Lockeren Schritts ziehe ich vorbei und bewundere seine Ruhe, als sie nun den „Berg“ auch noch runterschiebt. Hoch ist ihr zu steil und runter erst recht. Da fehlt noch ein gutes Stück an Übung.
Volle Aufmerksamkeit für ein Selbstportrait
Der E1 wechselt die Seite der Schwentine. Rasende Laufradfahrer und mit den Füßen bis ins Wasser reinlaufende Entenfütterer nötigen den Eltern vollen Einsatz ab. Ich genieße das Chaos, hab ich es doch schon lange hinter mir. Der Weg entfernt sich vom Fluss um sich kurz darauf in den Feldern zu öffnen. Hier wird er von einer Reihe mächtiger Eichen gesäumt. Was für ein schönes Bild. Wie gemacht für ein Wanderer-Selbstportrait.
Es dauert ein bisschen bis die Kamera richtig ausgerichtet, Blende und Zeit eingestellt sind. Solange, dass ein Pärchen mir anbietet, mich zu fotografieren. Das lehne ich dankend ab und erkläre, dass ich schon alles vorbereitet habe und mich nun gleich mit einem Fernauslöser selbst fotografiere. Klar sorgt das für Irritation und verlangt nach einer Erklärung. Ich erzähle von meinem Blog, dem E1, welche Etappen ich schon gelaufen bin, usw. Jetzt sind sie noch neugieriger und ich gebe ihnen meinen Kontakt, damit sie mir auf dem E1 folgen können.
Hinter Oppendorf hindern dann auch keine Bäume mehr an der freien Sicht über die Felder. Ganz hinten am Horizont kann man sogar die Kräne der Kieler Werft erkennen. Es irritiert ein wenig. Gefühlt müssten die Kräne deutlich tiefer liegen. Hier hügelt es aber nur sehr sanft in der Landschaft. Den höchsten Punkt meiner Tour werde ich viel später erst erreichen. Die 84 Meter sind aber auch da nicht spür- oder sichtbar.
Herr Roggensack erzählt
Ganz bei mir und meinen Gedanken, bemerke ich nicht, wie ich einen älteren Herren mit Rollator überhole. Bis ein kräftiges Moin mich in die Realität holt. Den Gruß erwidere ich freundlich und schwupp erzählt der Mann der Mann von seiner Tochter, dass er Roggensack heißt, dass er jeden Tag spazieren geht, dass er das Sportheim xy mit aufgebaut hat und ….. Und er erzählt und erzählt. Nicht mal ein „ach will toll“ aus Höflichkeit kann ich ins Gespräch bringen. Irgendwann kommt seine Frau hinzu. Versucht mich aus der misslichen Lage zu befreien, was ihr nach einigen Versuchen so leidlich gelingt.
Nach diesem Ereignis wird es dann besonders trubelig. Ein öffentlicher Tierpark mit allerlei Spielmöglichkeiten lockt an so einem schönen Wochenende die Familien in Scharen an. Der E1 nimmt soweit es geht darauf Rücksicht und verläuft weit unten direkt an der Schwentine.
Kanuten, Stand Up Paddler und Laubfrösche
Der Parkplatz hinter der B 202 ist rappelvoll. Das riecht nach einer Hundertschaft Kniestrumpfwanderer. Ist es aber nicht. Es sind Kanuten die mit ihren Booten, Paddeln und Paddelsäcken fast jeden Zentimeter Weg belegen. Etwas später höre ich sie laut schimpfen. Sie sind nicht die einzigen auf dem Wasser und müssen sich mit einer Schar Stand Up Paddler die knappe Wasserfläche teilen. So richtig gut scheint es gerade nicht zu funktionieren. Mir ist‘s recht, dass sich alle auf dem Wasser rumtreiben, so hab ich hier meine Ruhe. Passt.
Auf dem Schild Richtung Gestrüpp steht Laubfroschausblick. Sind jetzt die Frösche gemeint, die hier den Ausblick genießen können. Und wenn ja, auf was? Den Storch? Oder sind die Menschen gemeint, die hier Frösche anschauen sollen? Na dann schaumama. Es gibt dort weder Frosch noch Storch zu sehen. Nur ein paar trübe Tümpel. Vermutlich haben die Frösche die Vorhänge zugezogen. Wer will sich auch ständig von Fremden ins Schlafzimmer schauen lassen.
Kirche oder Kuchen
Nur noch wenige Kilometer und ich erreiche das Kloster in Preetz. Klösterliches Leben findet hinter den alten Bachsteinmauern nicht mehr statt. Auch mein Versuch unsern Herrn und Schöpfer einen Besuch in seinem Hause abzustatten, wird mit einer massiven verschlossenen Tür abgelehnt. Na, der möchte wohl unter seines Gleichen bleiben. Auch gut, dann ziehe ich die Preetzer Caféstuben vor. Kalorien dienen ja schließlich auch der geistigen Erbauung.
Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei „Hiking Europe“ heruntergeladen.
2 Comments
Michael-wandert
Diese Etappe zählt nicht zu meinen Favoriten, doch Du hast dort anscheinend Schönes erlebt. Das Pärchen scheint den Weg auf Deine Seite nicht gefunden zu haben oder zumindest keine Lust auf einen wohlmeinenden Kommentar gehabt zu haben. Wie schade, denn Deine Site hätte es verdient.
Wo Du selbst das Fotografieren mit Selbstauslöser ansprichst, hier eine Frage: wie schaffst Du es, dass die Kamera so gerade steht?
Wolfgang Kromat
Hallo Michael,
schön, dass Dir meine Seite so gut gefällt. Es ist manchmal schon seltsam, wenn so kein Feedback kommt. Mich interessiert ja schon, ob das was ich da mache, auch gefällt. Um so schöner, dass Du hier kommentierst.
Und wie ich meine Fotos so gerade mache? Für das Foto am Zaun entlang, habe ich die Kamera einfach auf einen Zaunpfahl gestellt. Mit der Handschlaufe unter die Kamera gelegt, lässt sich ein gewisser Winkel ausgleichen. Alternativ habe ich auch ein Stativ dabei. Da ist die Ausrichtung überhaupt kein Problem. Da ich ausschließlich im RAW-Format fotografiere, muss ich die Bilder später sowieso korrigieren. Dann beidseitige ich auch gleich Fehler in der Ausrichtung. So entferne ich in der Regel auch stürzende Linien oder Verzerrungen im Bild.
Frische Grüße aus der stürmischen Bucht
Wolfgang