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Auf dem E1 von Dänsich-Nienhof nach Kiel

Es gehört zu den Besonderheiten des E1, dass ich immer wieder Neues aus meinem eigenen Lebensraum kennenlerne. Ich bin daher gespannt, was ich heute entdecke. Wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt, dann passt das mit der Busverbindung nach Dänisch-Nienhof richtig gut. Daher stehe ich schon um 8:00 Uhr morgens an der Haltestelle. Eine gute halbe Stunde später ist der Start der heutigen Etappe dann auch schon erreicht. Noch fünf Minuten und ich stehe dort, wo ich das letzte Mal den E1 verlassen habe. Hallo Tag, wir können loslegen.

Kurz nach dem Start in Dänisch Nienhof

Zuerst nimmt mich ein langer gerader Weg durch den Wald, in sein frühlingshaftes Erwachen auf.  Schritt für Schritt laufe ich rein, in das frische Grün. Weit hinten taucht eine Silhouette noch diesigem Morgenlicht auf, nähert sich und läuft dann mit dem typischen Norddeutschen Gruß „Moin“ an mir vorbei. Dann ist auch das Stück Wald schon wieder zu Ende und ich stehe im freien Feld in der Sonne.

An der Landstraße angekommen, biege ich direkt nach links Richtung Kiel ab. Doch stopp, ist das überhaupt der E1? Ganz im Gedanken versunken bin ich einfach in die bekannte Richtung gelaufen, ohne danach zu schauen, ob das richtig ist. Da ist es wieder, das Thema mit dem Menschen und der Gewohnheit. Der E1 sucht sich seinen eigenen Weg fordert mich auf, auch im bekannten Umfeld aufmerksam zu sein.

Weg von der Küste, ab in die Felder

Auf dem ersten Blick sieht die Routenführung des Fernwanderwegs, weg von der Küste und durch die Felder, unlogisch aus. So bekommt man aber von der Küste ein bisschen anders Bild, als nur Sand, Kies und Wellen. Die andere Perspektive hält sich aber nur bis Stohl. An diesem bekannten Abschnitt der Steilküste der Eckernförder Bucht, bringt eine steile Treppe den Wanderer wieder auf Meeresniveau. Warum nur. Hier unten ist es wie gewohnt windig und kalt. Das laufen über Kies, groben Steinen oder Sand einfach nur beschwerlich. Ein anderer Wanderer, der oberhalb er Treppe mein Weg kreuzte, ist oben geblieben. Und läuft allen Anschein unbeschwert.

Steilküste bei Stohl

Ein guter Kilometer am Strand und ich nutze die Möglichkeit nach oben auf den Steilküstenweg zu kommen. Hier lässt es sich viel besser laufen. An einigen Stellen allerdings, geht es direkt neben dem schmalen Pfad zu Abgrund. Auch wenn es nur so 20 Meter nach unten geht. Für mehr als ein bisschen Aua ist das ausreichend. Und ob nach dem nächsten Sturm der Weg noch begehbar ist, das wissen die Götter der Wellen, die das Ufer unwiederbringlich verändern.

Von der Eckernförder Bucht in die Kieler Förde

Auf einem kleinen Zipfel Land streckt sich der Bülker Leuchtturm in die Höhe. Hier wäre eine gute Gelegenheit für eine kurze Rast mit einer Tasse Kaffee. Ach was, Strande ist nicht weit. Und schon kurze Zeit später laufe ich an der ersten Strandgastronomie vorbei. Hier riecht es nach Fisch und Pommes. Ich möchte zu meinem Kaffee keine Pommes und kein Fisch riechen. Also weiter. Kaffee im Stehen will ich auch nicht und dann schon wieder Fisch und Pommes.

Am Kap des Bülker Leuchtturms 😉

Schwupp bin ich bis nach Schilksee gelaufen. Der kleine Touristenort wurde 1972 international durch Olympiade bekannt. Eigens für dieses Ereignis wurden der Hafen ausgebaut und in typischer 70er Manier ordentlich Beton zu Immobilien gegossen. Ich mag den Stil. Schilksee ist für mich ein kleines Highlight. Allerdings mit Fischgeruch und so muss der Kaffee weiter warten.

Kurz vor Kiel und es schaut so ganz anders erwartet aus

Auf den nächsten Kilometern ist es fast nicht zu glauben, dass der E1 eingeklemmt zwischen den Vororten Kiels verläuft. Teils sieht es eher aus wie im Auenland. Würde mich nicht wundern, wenn hier Frodo mit seinen Gefährten auftaucht. Das Mädchen, was unten im Tal, dem noch sehr jungen Nachwuchs der fast weißen Stuten, hinter dem Ohr krault, sieht nicht weniger idyllisch aus. Es ist lediglich dieses permanente leichte Dauerrauschen der Zivilisation, was mich an die nahe Stadt erinnert.

Zwischen den Kieler Vororten

Später kündigt sich die nahende Stadt durch Herden von Jugendlichen an, die nach Schulschluss den Waldweg in einen Radschnellweg verwandeln. Es müssen Klausuren anstehen, soviel kann ich dem vielstimmigen Satzfetzen entnehmen. Kaum liegt der Abzweig zur Schule hinter mir, ist auch schon wieder Ruhe.

Bevor es jetzt in die Zivilisation geht, verziehe ich mich noch mal in die Büsche. Später könnte das schwierig werden. Kurz hinter meinem Busch taucht auch schon ein Zaun auf. Militärischer Sicherheitsbereich lässt sich den Schildern entnehmen. Auch wenn der Zaun schon den ein oder anderen Durchschlupf ermöglicht, hier wollte ich mich dann doch nicht mehr hinter den Busch.

Die Fähre bringt mich über den Kanal

Der Kanalweg ist gesperrt. Vor einigen Wochen ist an der Brücke ein Schiff hängen geblieben und hat die Konstruktion etwas kaltverformt. Damit Wanderern und Radfahrern nichts von den Reparaturarbeiten auf den Kopf fällt, müssen sie jetzt an der Straße entlang.

Von der Schleuse Holtenau kommt der Wind und treibt mir den Duft der Schornsteine der großen Pötte in die Nase. Olfaktorischer Gruß des internationalen Seehandels. In der Schleuse warten gleich fünf Frachter darauf, dass sich die Tore öffnen.

Auf der Holtenauer Fähre

Mit der Personenfähre setzen wir nach Kiel über. Bis zum Bahnhof sind es aber immer noch gut sieben Kilometer. Also los. Wie war das noch am Anfang. Ich lerne am E1 immer wieder neues kenne! Der geschundene Betonklotz Flandernbunker steht unübersehbar inmitten der Straße und ich nehme ihn das erste Mal richtig war, als ich mich ihm zu Fuß und jetzt neugierig nähere. Schilder machen Werbung für eine Ausstellung im Bunker. Ich trete durch die meterdicke Mauer ein in den kühlen Bau.

Ich lerne den Flandernbunker kennen

Aus einem Büro tritt ein kräftiger Mann hervor und fängt ein bisschen zu erzählen an. Beschreibt was ich sehen könnte, wenn ich mich darauf einlasse. Ich suche nach Ausreden. Bin ich doch auf einer Wanderung und möchte mich jetzt nicht mit der NS-Zeit befassen. Ich möchte auch lieber endlich meinen Kaffee trinken. Während sich die Gedanken in den gewohnten Ausweichbahnen denken, denkt sich ein anderer Gedanke in den Vordergrund, „hey, das ist eine Gelegenheit etwas anders zu tun als geplant. Hör auf deine Neugier. Das gehört zum Wandern. Es ist dein Weg. Nimm ihn wie er dir entgegenkommt.“ Okay, ich lasse mich darauf ein. Fast 45 Minuten sind es dann, bis ich wieder ans warme Tageslicht komme. Und keine Minute davon war umsonst. Danke Weg.

Aus der deutschen Geschichte

Jetzt aber los. Der Kaffee will auch zu seinem Recht kommen. Spürbar beschwingt laufe ich an der Kiellinie entlang. Mein Ziel steht fest. Ein kleiner aber feiner Biomarkt in der Innenstadt. Die Kiellinie ist für einen Donnerstag schon sehr lebendig. Ich laufe Slalom zwischen der bunten Vielfalt an Menschen, die die Promenade zum Treffpunkt für alle Kieler machen. Dann ist es endlich geschafft. Ein Stück Mohnkuchen und eine Tasse Milchkaffee schließen einen richtig guten Tag ab.


  • Start im Wald bei Dänisch Nienhof

Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei “Hiking Europe” heruntergeladen.

“Original-Track von Hiking Europe / Dänisch-Nienhof – Kiel”



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