Auf dem E1 von Eckernförde nach Dänisch Nienhof
Wie gut, dass ich direkt am Start der heutigen Etappe meinen Arbeitsplatz habe. Schon auf dem Weg an den Strand wird mir klar, ich bin zu warm angezogen. So steht noch ein kurzer Abstecher ins Büro an, den Kolleginnen einen guten Tag wünschen und ein langes T-Shirt ausziehen. Jetzt kann es losgehen.
So schön wie der Stadtstrand ist, so nervig ist der Weg raus aus Eckernförde an der Bundesstraße entlang. Gefühlt fahren alle Kieler nach Eckernförde und auch in die andere Richtung ist nicht weniger Verkehr. Wie schön ist es dann, als der E1 sich in den Küstenwald verdrückt. Dem Friedwald angemessen, wird es mit jedem Meter ruhiger. Irgendwo blitzt vor mir am Ostseestrand eine graue Lockenmähne mit Rucksack auf, dann bin ich alleine.
Mein Job bringt es mit sich, dass ich ab und an mit Pilgern der Via Jutlandica oder Wandernden auf dem E1 zu tun habe. Jedes Mal, wenn ich mit Ihnen sprechen kann, freue ich mich und würde sie am liebsten einpacken und mit nachhause nehmen. Jetzt fühle ich mich mit der Lockenmähne fast schon ein bisschen in einer Gemeinschaft verbunden.
Von grauen Lockenmähnen und wilden Tieren
Der E1 schlängelt sich durch den Küstenwald ohne, dass von der Küste etwas zu erahnen wäre. Eine Schnecke streckt sich lüftend aus ihrem Haus heraus und ein Eichhörnchen macht sich einen Spaß daraus, mich zu foppen. Es flitzt über den Waldboden von hier nach da, stoppt immer wieder um sich umzuschauen und kaum ist die Kamera soweit, flitzt es wieder weiter. So wird das nichts mit der Wildlife-Fotografie. Schritt für Schritt steigt die Temperatur. So wird das ein wunderbarer Wandertag.
Vor der Lagune bei Aschau trifft der E1 dann direkt auf die Küste. Und ich treffe wieder auf die graue Lockenmähne mit Rucksack. Gerne würde ich sie nach dem Woher und Wohin fragen, muss aber erst noch ein vor neugierigen Blicken geschütztes Plätzchen aufsuchen. Später treffe ich die Wanderin – graue Lockenmähne – wieder, wie sie verträumt die Vögel in der Lagune beobachtet. Jetzt will ich nicht stören. Um es vorweg zu nehmen, sie trifft mich, wenn ich beim Fotografieren bin, ich treffe sie nochmals mit einem Wanderer unterhaltend und dann war es das. Ich sehe sie den restlichen Tag nicht mehr. So schade.
Wandern über Sand und Geröll
Nach der Lagune kommt der Traum der Meeresbesucher. Ewig langer Naturstrand und bei dem Ostwind heute, tolle blau grüne Ostsee. Was den Spaziergängern hier eine Wonne ist, wird im weiteren Verlauf einfach nur anstrengend. Der Wind bläst mir sakrisch kalt entgegen und im Sand oder Kies oder den groben Steinen, ist das Laufen am Strand einfach abgrundtief anstrengend. Dazu gesellt sich die Brandung die mit ihren kurzen Wellen alles andere übertönt. Das Rauschen der Wellen wird nach kurzer Zeit zum Lärm in meinem Kopf.
Rund drei Kilometer sind es, bis vor Noer der Weg in den Wald abzweigt. Kaum im Schutz der Bäume angekommen, wird es ganz schnell still. Es sind wieder Vögel zu hören und die Temperatur steigt schnell spürbar an. Es ist wie eine andere Welt, wie ein Klimawandel, wenn man das Meer verlässt. Hinter Noer finde ich eine Bank in der Sonne ohne Wind. Hier ist der richtige Platz für eine Pause.
Die Schokolade gibt neue Energie für die nächsten fünf Kilometer am Strand. Ich trete aus dem Wald heraus und schon sinkt die Temperatur und der Wind fegt mir wieder entgegen. Zum Glück verläuft der E1 nicht durchgängig im Sand. Immer wieder gibt es Abschnitte oben an der Dünenkante, hinter einem Wäldchen oder auch mal direkt an der Wasserkante, wo es sich ganz gut laufen lässt. Dennoch bietet auch dieser Abschnitt wieder ganz viel Training für die Bein- und Fußmuskulatur. Das Laufen wird mit jedem Schritt zäher.
Steile Küste, gefährliche Küste
An einem Stück Steilküste ist der Untergrund wunderbar fest, um gut zu laufen. Hier muss man allerdings damit rechnen, von riesigen, oben an der Kante abrechenden, Erdklumpen erschlagen zu werden. Wandern an der Küste hat halt seine eigenen Reize.
Der lange Ausleger hinter der Steilküste ist keine stylische Seebrücke. Auch nicht eine Art Alcatraz mit Landgang. Es ist die „Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung“, so die etwas sperrige Bezeichnung für, hier ist das Militär am Werk.
Der E1 verlässt wieder mal den Strand und verläuft erst mal nur noch oberhalb der Steilküste. Die Müden Beine freuts und die Augen genießen den Blick über das schöne blaue Meer. So langsam nähert sich auch das Ende der heutigen Etappe und es ist an der Zeit, nach einer passenden Busverbindung zu schauen.
Die letzten Kilometer fallen mir schwer
Die Bahn-App bestätigt meine Vermutung, dass ich die kurze Verbindung mit Umstieg in Surendorf wohl nicht mehr bekommen werde. Da fehlen ca. fünf Minuten. Wenn ich zügig laufe, dann müsste ich die nächste und längere Verbindung über Kiel noch erreichen. Ich lasse also das Café mit Seeblick links liegen und laufe ein bisschen schneller. Die Abschnitte am Strand machen sich deutlich bemerkbar. Die Beine wollen nur noch Pause machen. Das dürfen sie auch, aber erst wenn ich die Bushaltestelle erreicht habe.
Die Bank an der Bushaltestelle ist die Erlösung für die müden Glieder. Geduldig warte ich auf den Bus, der nun schon deutlich verspätet ist. Bis auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Bus anhält, den ich hätte gar nicht mehr erreichen können. Wie das? Das Rätsel löst sich eine viertel Stunde später. Der Bus in Gegenrichtung fährt noch in den nächsten Ort, dreht dann um und fährt wieder zurück. Seine Verspätung wird so zu meiner Verspätung. Was solls. Ich muss nicht pünktlich ankommen. Ich bin schon bei mir.
Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei „Hiking Europe“ heruntergeladen.
„Original-Track von Hiking Europe / Eckernförde – Dänisch-Nienhof“
2 Comments
Michael-wandert
eine schöne Etappe. Und genau zur richtigen Zeit gemacht!
Wolfgang Kromat
Hallo Michael,
ja das stimmt. An der Küste entlang das ist eine sehr schöne Etappe. Das Wetter hat auch für super schöne Farben und Stimmungen gesorgt. So schön wie der Wind auch für das Wetter und die Farben war, so anstrengend war es auch zu laufen, insbesondere in Kombination mit häufigem sandigem oder steinigem Untergrund.
Frische Grüße Wolfgang