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Auf dem E1 von Müden nach Dehningshof

Ich mache den Vorhang auf und warme Sonnenstrahlen kuscheln mein Gesicht. Ich öffne das Fenster und denke an den sibirischen Winter. So schön wie es draußen auch ausschaut, es ist greislich kalt. Naja, lass erst mal Frühstücken, dann wird’s schon ein bisschen wärmer sein.

Jugendherbergen sind, wie Jugendherbergen sind. Einfach, gemütlich und vielfältig. Da ist eine Gruppe mit Kids, die zum Singen hier ist und natürlich wird auch vor dem Frühstück gesungen. Mir gegenüber zwei Väter mit ihren gerade mal schulpflichtigen Töchtern. Es wird diskutiert, ob die Flakes mit den Fingern gegesssen werden dürfen. Hinter mir ein älteres Paar aus ganz weit weg. Am Tisch gegenüber ein junger Mann, unterwegs mit einem Gravelbike, der sich noch in die Gepflogenheiten einer Jugendherberge einfinden muss.

An der Örtze

Freundlich erklärt ihm eine junge Frau, dass der Tisch nicht für ihn eindeckt wurde und er sich selbst darum kümmern müsse. Er nickt verständnisvoll und setzt sich dennoch an den Tisch, den sie für ihre Gruppe vorbereitet hat. Die Nachricht von der Selbstverantwortung kommt auch dann nicht bei ihm an, als sie in aller Ruhe die restlichen Gedecke an einen anderen Tisch räumt. Er krümelt sein Brötchen weiter vor sich hin und schaut in Ruhe beim Umräumen zu. 

Los geht’s in den neuen Tag

Nach dem Frühstück geht’s dann für mich los, auf die zweite Etappe. Der erste Schritt vor die Tür – es ist wärmer als gedacht. Die Sonne hat während des Frühstücks ganze Arbeit geleistet. Zügig verlasse ich meinen Übernachtungsort. Bis nach Hermannsburg kenne ich den Weg. Heute sind es nur knapp über 20 Kilometer. Ich lasse mir daher Zeit und genieße den schmalen Pfad oberhalb der Örtze, so gut wie es geht.

Ludwig Harms Haus

Das frische Grün strahlt mit der Sonne um die Wette, die Schritte schreiten fast von alleine voran und die Laune treibt sich irgendwo im siebten Himmel rum. Und bevor ich mich versehe, laufe ich schon durch den Örtzepark in Hermannsburg. Immer wieder stehen dort Posten mit einem Schild zu Thema Glück daran. Unter den ganz tiefsinnigen Sprüchen, gefällt mir einer ganz besonders:

„Glück ist, wenn man mit dem Fahrrad fährt, es nach Regen aussieht, aber es erst anfängt zu regnen, wenn man an seinem Ziel angekommen ist“ Klasse 7A

Das passt doch auch fürs Wandern!

Das Café im Ludwig-Harms-Haus hat schon geöffnet. Kurz nach 10 Uhr ist es zwar ein bisschen früh für Kaffee und Kuchen, aber die Sonne scheint so schön auf die Terrasse und bis zum Ziel gibt es nichts mehr was meinen Gaumen verwöhnen könnte. So genieße ich meine erste Pause auf der Terrasse am Haus, in der Sonne.

Die Misselhorner Heide

Gestärkt kann es weitergehen. Hinter Hermannsburg laufe ich entlang einer recht weitläufigen Reitanlage. Der Wanderweg scheint über das Grundstück des nahen Hofes zu verlaufen. Am Ende des Geländes macht der Weg einen Bogen nach rechts und verläuft dann, zu meinem Erstaunen, nicht entlang der Landstraße, sondern direkt durch den Misselhorner Hof hindurch. Schön, dass das hier so möglich ist.

Misselhorner Heide

Passend zum Misselhorner Hof, führt mich der E1 kurze Zeit später durch den schmalen Streifen der Misselhoner Heide. Wo der Wind nicht hinkommt, da ist es schon richtig warm. So suche ich mir, hinter einer buschigen Kiefer, eine vor dem Wind geschützte Bank und mache eine kurze Pause. Irgendwie habe ich den Windschutz der alten Kiefer überschätz. Immer wieder pustet der Wind kalt durch die Äste und wenn sich dann noch die Wolken vor die Sonne schieben, wird’s so richtig borstig. Also weiter geht’s.

Etwas später finde ich dann doch noch einen geschützten Platz in der Sonne. Vor mir liegt das Tiefental. Eine tiefe Rinne die ein Eisberg vor einigen tausend Jahren hier hinterlassen hat. Eine recht karge Landschaft hat die Eiszeit hier geformt. Das bisschen was hier wächst, hat die Menschen früher nur schwer ernährt. Im Tiefental soll auch der Hermannsburger Pastor Ludwig Harms Predigten gehalten haben. Ihm wird die Begabung nachgesagt, besonders lebendig erzählt zu haben. Seine Geschichten waren lehr -und unterhaltsam.

Mitten im Nichts liegt mein Ziel

Das ist nun genug Geschichte. Zeit zum Weitergehen. Die Misselhorner Heide liegt nun hinter mir. Noch einige Zeit laufe ich durch den Wald, um dann das Ziel die Alte Fuhrmannsschänke in Dehningshof zu erreichen. Der Reiterhof liegt passender Weise fast genau in der Mitte zwischen Müden und Celle. Sonst gibt es auf dieser Strecke nicht mehr viel wo man seine müden Glieder nach dem Wandern ablegen könnte.

Zur Alten Fuhrmanns-Schänke

Da es in der Alten Fuhrmannsschänke keine Gastronomie mehr gibt, habe ich mir eine Brotzeit aufs Zimmer vorbestellt. Die ist so reichlich bestückt, dass es auch noch für eine Vesper am nächsten Tag reicht. Wie schön. Nach dem Essen und Duschen ist mir nochmal nach ein bisschen frische Luft. So lasse ich den Abend mit einem kleinen Spaziergang ausklingen.


  • An der Örtze

Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei “Hiking Europe” heruntergeladen.

“Original-Track von Hiking Europe / “Müden Celle”



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2 Comments

  • Michael-wandert

    Hallo Wolfgang,
    nachdem die Komfortfunktion für Kommentare 😉 freigegeben ist, kann auch an dieser Stelle ein Gruß erfolgen verbunden mit den besten Wünschen für ein glückreiches Wanderjahr auf dem E1. Oder folgst Du nun dem NST, der nun in Deinem Banner aufgetaucht ist. Der NST ist ja um ein ganzes Stück länger als der E1. Die Popularität dieses Wanderweges steigt ja erstaunlich schnell. Die meisten NST-Wanderer sind ja auf FindPenguins dokumentierend unterwegs.
    Viele Grüße Michael

    • Wolfgang Kromat

      Hallo Michael,

      erst mal lieben Dank, für die Grüße auf der komfortablen Kommentarfunktion

      Nein, ich bleibe vorerst auf dem E1. Der soll mich erst mal nachhause, in den Odenwald, führen. Dann sehe ich weiter.

      Der Verweis zum NST ist erst mal der Begeisterung für das Projekt geschuldet. Zufälligerweise kann ich das Projekt NST auch aus meinem Beruf heraus unterstützen. Dann macht es gleich doppelt so viel Spaß.

      Mit FindPenguins muss ich mich wohl mal befassen. Noch kann ich es gar nicht einordnen, warum und für was mir das taugt.

      Wanderfrische Grüße aus dem Norden

      Wolfgang

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