Auf dem E1 von Eutin nach Schönwalde
Der heutige Wandertag fängt erst nach dem Mittag an. Da ich immer noch zwischen den Etappen mit Öffis nach Hause pendle, habe ich die Wahl zwischen sehr früh aufstehen, wer den Magnetismus im Bett vor sechs Uhr kennt, weiß dass das nicht geht und später Anfangen. Der richtige Zeitpunkt für den Start ist wichtig, da die Busse am Zielort im vier Stunden Takt fahren. Und das am Wochenende auch nur drei Mal.
Pünktlich hält der Zug in Eutin an. Mein erster Weg führt mich auf den Marktplatz, um den Wandertag mit einem Kaffee und einem Croissant beginnen zu können. Schwein gehabt, der letzte Schattenplatz vor dem Café gehört mir. Sonne werde ich heute noch genug abbekommen.
Schwimmen, Laufen, Radfahren
Gut gestärkt laufe ich dann in Richtung Eutiner Schloss los. Eutin verkauft sich „Rosenstadt“ und „Weimar des Nordens“. Das verspricht ein paar schöne Bilder von den alten Gemäuern. Ja, würde es auch. Wenn nicht gerade ein Triathlon dort stattfinden würde. Kaum eine Ecke wo nicht noch Sportler, Zuschauer, Material und anderes den gewünschten Bildern einen besonderen Stil verpassen würde.
An einem Triathlon hätte ich auch mal wieder Spaß. Heute sind aber die Wanderschuhe dran. Und die haben es dank des Events gar nicht so leicht, mich aus Eutin raus zu tragen. Gefühlt ist jeder zweite Weg zur Rennstrecke umfunktioniert und für das unsportliche Volk gesperrt. Es dauert ein bisschen bis das Spektakel hinter mir liegt. Aber dann haben die Schuhe freien Lauf.
Wieso verläuft der E1 so wie er verläuft?
Obwohl der E1 am Großen Eutiner See entlangführt, ist er nur selten zu sehen. Zumindest teilweise könnte der Wanderweg über einen sehr schönen Pfad fast direkt am Ufer verlaufen. Warum auch immer, tut er das nicht. Wieder einmal stelle ich mir die Frage, wer den E1 eigentlich pflegt. Gibt es einen Verein? Macht das jeder für sich? Und wie kommt man auf die Idee den Weg hier und nicht dazu führen? Auf dieser Etappe werde ich mich das noch öfter fragen.
Die Blase verlangt nach einem Stopp am Wegesrand. Kaum sind die Beine zum Stillstand gekommen, legen die kleinen Mistbiester mit ihrem Stechrüssel los. Was ein Glück kann die Hose oben bleiben. Die Viecher finden auch so schon genug Angriffsfläche. Was haben die Menschen mit ihrem früheren Leben gemacht, dass sie als lästige Stechmücke reinkarniert werden?
Das Ende der Plagegeister, der Anfang der Asphaltplage
Bald werden die Biester erst mal kein Thema mehr sein. Der E1 zweigt auf eine Straße ab. Ich kenne die Etappe und weiß, dass jetzt satte acht Kilometer Asphalt vor mir liegen. Auch hier gäbe es Möglichkeiten, den Straßenanteil wenigstens etwas zu verringern. Warum diese Wegführung?
Für Gut Stendorf lohnt sich ein bisschen das Wandern auf dem Asphalt. Der Gutshof gehört zu den sehr gut erhaltenen Gutsanlagen hier in der Region. Der Hof selbst ist zwar nur von außen zu sehen, aber einige Nebengebäude zum Hof und die Alleen darum, sind alleine schon schick genug. Und hier führt der E1 mittendurch.
Einmal ist Knick, zweimal ist Redder
Weiter geht es auf der Straße. Auf der Straße durch einen grünen Tunnel. Mit den sanften Hügeln und den Feldern, die oft durch Knicks getrennt sind, ist die Holsteinische Schweiz eigentlich eine total liebliche Region. Wenn dieses eigentlich nicht wäre. Stehen rechts und links des Weges Knicks, dann ist das ein Redder. Und ein Redder ist wie ein grüner Tunnel.
Das ist schön für viele Tiere, hält die Sonne auf Abstand von der Haut und schützt auch gegen den oft borstigen Wind. Aber ich sehe nichts. Also nichts von der Landschaft. Wenn nicht gerade eine kleine Lücke im Gestrüpp ist, dann verschwindet die Landschaft hinter dem Tunnel. Und es doch echt hübsch hier.
So tunnel ich mich dann bis Bergfeld durch. Jetzt noch einen Kilometer auf dem Radweg an der Straße, dann beginnt der Endanstieg zum Bungsberg. Allerdings auch mit gut einem Kilometer auf der Straße. Und der hüchste Berg im Land zeigt sich nur durch seinen Funkturm, der zur Hälfte über die wogenden Getreidefelder herausragt.
Gipfelanstieg
Endlich ist dann auch dieser Abschnitt auf Straße vorbei. Der E1 zweigt auf einem schmalen Pfad hoch auf dem Bungsberg ab. Keine 50 Meter auf diesem Pfad und ich frage mich was besser ist. Auf Asphalt laufen oder schon wieder von Mücken aufgefressen werden. Als Gegenmittel hilft nur Geschwindigkeit. Lauf Wanderer lauf.
Kurz vor dem Gipfel wird der Anstieg richtig steil. Die Viecher wittern ihre Chance und sammeln zur Attacke. Die Beine geben ihr letztes, auch wenn die Füße auf dem steilen Boden kaum Halt finden und immer wieder abrutschen. Fast schon eine Speedbesteigung des Gipfels, im Stile von Ueli Steck. Die Gefahren sind nur etwas anders.
Mit 167,4 m NHN erreiche ich den Höhepunkt des E1 in Schleswig-Holstein. Das Café „168 ü. NN“ lockt nach dem hektischen Aufstieg mit einem Sitzplatz und Kaltgetränken. Der Blick auf die Uhr lockt allerdings mit zügigem Weiterlaufen. Ich habe einfach zu viel gebummelt unterwegs und am Ziel fährt heute nur noch ein einziger Bus zurück.
Wenigstens den Aufstieg auf dem Funkturm gönnen ich mir noch. Um auf die Aussichtplattform zu gelangen, sind nochmals 40 Höhenmeter zu überwinden. Mit dann über 200 m NHN erreiche ich damit die Todeszone für Schleswig-Holsteiner.
Endspurt, sonst ist der Bus weg
Die wunderbare Aussicht kann ich nur kurz genießen. Der Bus ruft. Also wieder runter vom Turm, durch den Mückenwald – bergab bin ich schneller als die kleinen Biester – und die letzten Kilometer unter die Füße nehmen. Die Auenlandschaft Bekmissen durchschreite ich schnellen Schrittes und erreiche mein Ziel in Schönwalde.
So schnell, dass mir noch die Zeit für einen Umweg an die Tankstelle bleibt. Ungesund aber kalt und erfrischend, lächeln mich die Flaschen mit der braunen Flüssigkeit eines bekannten Großkonzerns an. Egal sagt der Kopf und boah tut das gut, sagt wenig später der ganze Wolfgang. Wanderfreuden können so einfach sein.
Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei „Hiking Europe“ heruntergeladen.
2 Comments
Michael-wandert
Todeszone für Schleswig-Holsteiner. Ich lach mich schlapp 🙂
Wolfgang Kromat
Mit solchen Risiken sollte man nicht scherzen 😉