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Auf dem E1 von Oeversee nach Schleswig

Es ist Zeit für die zweite Etappe des E1. Ich habe ordentlich Respekt vor der Stecke Oeversee nach Schleswig. Auch diese Etappe wird wieder, wie die erste, viele Kilometer auf Asphalt verlaufen und, das ist die größte Herausforderung, sie wird über 30 Kilometer lang sein. Soweit bin ich noch nie vorher am Stück gewandert. Eine halbwegs vernünftige Möglichkeit die Tour vorzeitig zu beenden und mit Bus oder Bahn wieder zurück zu fahren, besteht nicht.

Bahnhof in Schleswig

Noch einmal darf ich zum Umstieg den einmaligen Bahnhof von Schleswig bewundern. Ein schönes Beispiel dafür, wie Privatwirtschaft minder positive Effekte mit Entwicklungspotential schafft. In einfaches Deutsch übersetzt – Investitionsruine. Zum Umsteigen reicht der Bahnhof. Nach 13 Minuten Zugfahrt muss ich noch einmal in einen Bus umsteigen. Und schon geht es weiter zum Start.

Der Wandertag beginnt mit strahlendem Sonnenschein

Der Bus stoppt in Oeversee und ich steige bei strahlendem Sonnenschein aus. Einen Moment lang fehlt mir die Orientierung. Hier war doch ein Durchgang, den ich vor 14 Tagen zum Ende der ersten Etappe genutzt hatte! Ein Blick auf das Navi zeigt mir, dass ich keine 20 Meter vom E1 entfernt bin. „Mann“ muss nur in die richtige Richtung schauen. Na dann kann es ja losgehen.

Selbst beim Überqueren der Bundesstraße ist es so früh am Morgen noch so richtig still und friedlich. Nur die Vögel verkünden lautstark ihre Frühlingsgefühle. Nach nur 200 Metern verlasse ich die Bundesstraße wieder und bestaune die über 200.000 € teuren Wohnmobile auf dem Platz des Händlers. Soll ich jetzt neidisch werde? Nö, stelle ich für mich fest. Ich freue mich vielmehr über den Moment und die Vorstellung, dass auf den nächsten 30 Kilometern keine größeren Orte oder Straßen mehr zu erwarten sind.

Fröruper Berge

Die Sonne zeigt was sie kann und schnell kommt das Gefühl auf, viel zu warm angezogen zu sein. Die Jacke ist offen und die Mütze im Rucksack verschwunden. Nur ganz weit hinten, im hintersten Hinterkopf, meldet sich eine zarte Erinnerung an den Wetterbericht. Solche Gedanken werden aber ganz schnell wieder von der idyllischen Landschaft verdrängt.

„Hoch“ hinaus in den Fröruper Bergen

In den Fröruper Bergen lockt hoch -naja hoch ist hier relativ – über dem Tal eine Aussichtsplattform. Den kleinen Umweg nehme ich gerne in Kauf. Von hier oben kann ich ein gutes Stück meines Weges sehen. Viel Natur und wenig Mensch verspricht mir der Ausblick. So darf es gerne sein und bleiben.

Mit jedem Sonnenstrahl steigen die Temperaturen außerhalb und ganz besonders innerhalb meiner Jacke. Irgendwann reicht es. Bevor ich anfange eine Schweißspur hinter mir herzuziehen, ziehe ich die Jacke aus. Nur ab und an pfeift der Wind unangenehm durch den Pullover. Erst nur ab und an, dann immer ein bisschen öfter und dann ist die Sonne weg und es fegt ein giftiger Graupelschauer über das Land. Wie war das mit der Erinnerung an den Wetterbericht! Die Jacke werde ich bis zum Schluss anbehalten. Auch Amsel, Drossel Fink und mach anderer komische Vogel, lassen nur noch selten von sich hören. Der Schnabel scheint eingefroren.

Ein Weg für Pilger, Händler und Wanderer

Der Pilgerweg Via Jutlandica und der E1 teilen sich über lange Zeit den Verlauf. So komme ich in den Genuss einer Windgeschützten Pilgerhütte für die Rast. Hütten und Rastbänke für Wanderer sind sonst eher selten hier im Norden. Aber super wichtig für eine gute Pause, bei diesem jetzt so mistigen Wetter.

Rastplatz am Ochsenweg
Rastplatz am Ochsenweg

Nicht nur die Pilger waren auf dieser Route unterwegs. Bis auf ein paar kleine Abweichungen, haben die Via Jutlandica und der Ochsenweg den selben Verlauf. Während die einem des schnöden Mammons wegen die Viecher auf der Handelsroute vor sich her trieben, suchten die anderen die Erleuchtung oder Erlösung. Der Rastplatz in Sieverstedt erinnert mit übergroßen Ochsenhörnern an den geschäftigen Betrieb auf der Straße. Obwohl ich schon wieder eine ganze Weile auf Asphalt auf der Straße laufen muss, bieten Landschaft und Dörfer mehr Abwechslung für das Auge, als bei der vorigen Etappe. Das macht das Laufen deutlich kurzweiliger.

Mit dem Erreichen des Idstedter Sees, erreiche ich die 20 Kilometermarke und ich forsche in meinen Beinen nach Ermüdungserscheinungen. Doch viel zu spüren ist da nicht. Sie fühlen sich immer noch gut an und die Zuversicht, die 30 Kilometer zu schaffen, steigt. Besonders, weil sich die Landschaft hier wieder deutlich naturnäher zeigt. Ich laufe und laufe und … erreiche einen Streckenabschnitt, wie er hier häufiger vorkommt. Über zwei Kilometer geht es parallel zur Straße auf einem Rad- und Gehweg. Da bin ich froh, dass es bei Schleswig wieder in den Wald hinein geht.

Das erste Mal habe ich die 30 Kilometer erreicht

Und dann ist es soweit. Die 30 Kilometer sind voll. Mit einer Tasse Tee stoße ich mit mir darauf an. Mit dem Erreichen der 30 Kilometer Marke, fließt gefühlt neue Energie in meine Beine. Und da es im Stehen schnell kalt wird, nutze ich die zusätzliche Energie für einen flotten Schritt in Richtung Ziel. Im Weiterlaufen bilden sich seltsame Gedanken in meinem Kopf. Bis zum Ziel habe ich 33 Kilometer geschafft. Dann sind auch 35 Kilometer möglich. Und dann noch eine Stunde weiter und es sind 40 Kilometer. Und ein Marathon hat …. Hallo, geht’s noch? Solche Gedanken in meinem Kopf. Zum Glück lenkt mich das Gottorfer Schloss und seine Skulpturen im Park davon ab. Wo soll das auch hinführen, wenn mir Weitwandern Spaß machen würde. Obwohl …! Nein! Und jetzt ist Ruhe im Kopf!

Bis zum Bahnhof ist es nur noch ein Katzensprung. Von hier ab dürfen sich meine Füße ausruhen. Und heimlich denkt der Kopf schon wieder an 42 … Lass das!!


  • Bahnhof in Schleswig

Der Verlauf meiner Etappe auf Komoot, entspricht nicht immer dem original Verlauf des E1. Manchmal habe ich mich verlaufen oder ich musste noch bis zum nächsten Bahnhof weitergehen. Die originalen Etappen habe ich vorher bei „Hiking Europe“ heruntergeladen.

„Original-Track von Hiking Europe / Oeversee – Schleswig“



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2 Comments

    • Wolfgang Kromat

      Ja, die Gedanken sind schon wichtig. Besonders, weil ich bisher felsenfest davon überzeugt war, dass kein Mensch weiter als 20 Kilometer ab Stück laufen kann 😉

      Spaß beiseite. Bis vor kurzem bin ich eher Rad gefahren und hatte tatsächlich Schwierigkeiten, wenn Wanderungen länger als 20 km waren. Ich war es einfach nicht gewohnt. Meine linke Hand nötigt mich nun dazu, mich zu Fuß durchs Land zu bewegen.

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