Über das Hahnenköpfle in das Oytal

Nach dem ersten Bergtag am Gaisalpsee, suche ich abends in meiner Ferienwohnung eine Tour auf einen Gipfel. Morgen werde ich 60 und den Tag möchte ich mit einer traumhaften Aussicht genießen. Gipfel gibt es hier ja genug. Die Frage ist eher, was kann ich mir nach 10 Jahren ohne richtige Berge zutrauen? Und, was ist nicht zu einfach? Ein bisschen Herausforderung soll es schon sein. Auf der Internetseite der Oberstdorf Touristik entdeckte ich ein Video und bin mir nach dem Schauen sicher, das ist es. Rauf auf den Hahnenkopf, bzw. das Hahnenköpfle.

An der Trettach

Wie schon am Vortag verspricht das Wetter einen fantastischen Tag. Auch wenn die Beine noch nicht so davon überzeugt sind, der Kopf will raus ins Freie und hoch auf dem Berg. Schon auf dem Weg raus aus Oberstdorf, merke ich, dass ich nicht alleine bin. Hier läuft ein Rucksack vor mir her, dort machen sich Wanderschuhe auf den Weg und da hinten unterstützen ein paar Wanderstöcke ihr Frauchen. Das gute Wetter hat sich wohl herumgesprochen.

Entlang der Trettach zum Hölltobel

Zur Einstimmung führt die Tour leicht ansteigend eine ganze Weile an der Trettach entlang. Vor mir und hinter begleitet mich das Wandervolk. Nach gut einer Stunde des einstimmenden Fußmarschs, zweigt die Route nach links in den Wald ab. Der bisher breite Weg verändert sich zu einem schmalen Pfad und geht gleich ein gehöriges Maß steiler bergan. Meine Beine schalten auf den „ein Schritt vor den anderen“ Modus um. So verschwindet ein Höhenmeter nach dem anderen.

Hölltobel- Wasserfall

Der Hölltobelweg führt überwiegend durch dichten Wald. Ich vermisse ein wenig die Ausblicke vom Vortag. Nicht nur wegen des eindrucksvollen Panoramas, welches sich in der Regel erblicken lässt, auch staune ich oft beim Blick nach unten, wieviel Höhenmeter schon zurückgelegt sind. Als Ersatz für den Weitblick bieten sich aber immer wieder tolle Ausblicke auf die Wasserfälle in der Klamm an. Dass das kleine Dörfchen Gerstruben besonders sehenswert ist, das bekomme ich leider nicht mit. Mich zieht es schnurstracks weiter nach oben.

So langsam wird es einsamer im Anstieg

Im Aufstieg fällt mir dann auf, dass ich schon länger niemanden gesehen habe. Irgendwie scheint sich ein Teil der Wandergesellschaft bei Gerstruben verabschiedet zu haben. Mir soll das recht sein. Auf einen Wandererstau wie am Himalaya verzichte ich gerne. Ganz alleine bin ich dann doch nicht. Ohne zu schnaufen zieht ein älterer Herr, bin ich das nicht mit 60 jetzt auch, locker an mir vorbei. Etwas später treffe ich auch noch eine Wanderin. Sie genießt die erste Aussicht in das Oytal und die Berge auf der gegenüberliegenden Seite. Wir kommen ein bisschen ins Gespräch und gehen dann gemeinsam weiter.

Auf dem Hahnenköpfle

Auf den letzten Metern müssen dann auch die Hände aus den Taschen. Die braucht es für den zusätzlichen Halt. Und dann kommen wir oben an. Lediglich ein weiterer Gipfelstürmer sitz schon hier oben und hält sein Gesicht in die Sonne. Mei ist das schön hier oben. So vergeht die Zeit und eine Banane verschwindet in mir. Wir wechseln ab und an zwei drei Wort, sonst ist es still auf dem Gipfel.

Abstieg ins Oytal

Nach einer guten viertel Stunde regen wir uns zum Aufbruch. Kaum will der Erste von uns einen Fuß in den Abstieg setzen, wird es von unten her trubelig. Eine ganze Herde bestgelauntes Bergvolk strebt nach oben. Einer nach dem Anderen kraxelt auf den Gipfel und das wars mit der Ruhe. Klar wird freundlich gegrüßt, dennoch bin ich froh, dass der Trubel gleich wieder vorbei sein wird.

Abstieg ins Oytal

Nach dem Abstieg vom Gipfel, verläuft der Weg ins Oytal ohne Schwierigkeiten eine Weile am Berg entlang. So lässt sich der Ausblick auf die gegenüberliegenden Berge und das Tal einfach genießen. An der Oberen Lugenalpe ist es dann vorbei mit dem lockeren Wandern. Der Weg neigt sich wieder deutlich ins Tal hinunter. Der Ausblick ist dafür noch besser geworden. Etwas unterhalb wartet die Untere Lugenalpe auf Gäste.

Die Plätze vor der Hütte sind schon fast alle belegt. Das liegt nicht an der Masse der Menschen, sondern daran, dass es wenig, aber ausreichend, Platz hier oben gibt. Der Weg ist scheinbar schon etwas zu anstrengend, um die Massen anzuziehen. Auch an der Speisekarte lässt sich ablesen, dass es nicht so leicht ist hier hoch zu kommen. Eine kleine rustikale Auswahl an Leckereien aus der Region, mehr brauchts nicht um glücklich zu sein. Ich finde noch einen Platz bei zwei Wanderinnen am Tisch.

Heidenei, isch des fei steil

Bevor mich die Sonne und der volle Bauch endgültig in den Schlaf entführen, schnappe ich meinen Rucksack und verlasse diesen schönen Ort. Noch ein Stück weit laufe ich über die Wiesen, dann verschwindet der Weg in den Wald und nimmt dabei an Gefälle zu. Heidenei, isch des fei steil. Obwohl der Weg keine sichtbaren Schwierigkeiten aufzeigt, erfordert jeder Schritt volle Aufmerksamkeit, dass sich die Füße auf dem losen Schotter nicht einfach unter mir aus dem Staub machen. Und schwupp, machen sie das auch prompt. Schön, dass der Hintern ausreichend gepolstert ist.

Die Lugenalpe liegt vor mir

Auf halben Weg nach unten, zweigt ein schmaler Pfad nach links ab. Deutlich kürzer als die Schleife die dieser Weg noch macht, muss die Abkürzung auch deutlich steiler sein. Was solls. Der Pfad sieht einfach sympathischer aus. Es ist auch um einiges Steiler und durch die natürlichen Stufen und Ansätze auch anstrengender. In der Summe gefühlt aber schöner zu gehen.

Langsamer Abspann eines wundervollen Tags

Unten angekommen stehe ich plötzlich wieder voll im bunten Treiben. Der Berggasthof Oytalhaus und das Oytal lässt sich bequem über eine flache Straße erreichen. Hier dürfen zwar keine Autos fahren, aber mit dem Rad oder zu Fuß kommt man bequem hierher. Für die letzten Kilometer nach Oberstdorf könnte ich mir hier auch einen Roller leihen und locker ins Tal runter rollen. Irgendwie passt das aber nicht so recht zum Rest des Tages. So müssen meine Beine noch ein bisschen für mich arbeiten.

Es ist nur ein relativ kurzes Stück, was ich auf der Straße zurücklegen muss. Dann zweigt ein Weg runter zum Oybach ab. Dem muntern Gebirgsbach folge ich bis zur Trettach und die bringt mich wieder zurück nach Oberstdorf. Angekommen an meinem Apartment stelle ich fest – alles richtig gemacht. Die richtige Zeit, die richtige Tour, zum richtigen Wetter und in die richtige Richtung gelaufen. Ich bin ein Glücksschwein.


  • An der Trettach


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