Von Ratzeburg auf´n Kaffee nach Zarrentin
Nach einem viel zu langen Winter – alle Winter sind viel zu lang – endlich wieder auf dem Rennrad sitzen und die Landschaft wie einen Film an sich vorbeiziehen lassen. Und wenn schon die erste Rennradtour, dann bitte ohne viele lästige Fahrradwege. Da liegt es nahe, sich in das ehemalige Grenzgebiet von Ost- und Westdeutschland zu begeben. Einmal rund um den Schaalsee ist der Plan.
Vom Bahnhof in Ratzeburg, runter zu den Seen und durch die Stadt, durfte ich nochmal die geballten verkehrsplanerischen Fähigkeiten in Sachen Radverkehrsinfrastruktur testen. Aber mit jedem Kilometer gen Osten werden die Kostproben weniger und das Radeln somit entspannter. Und die Landschaft wir immer – ja wie eigentlich? Herzogtum Lauenburgischer? Mecklenburg Vorpommeriger? Auch entspannter. Genau – das ist es. Leichte Hügel zum Absurfen, Alleen für den Schatten im Sommer und Felder damit das Auge schweifen kann. Dazwischen ab und ein paar Häuser, lose zusammengestellt, aber genug davon, damit es ein Dorf ergibt.
Ab ins Biosphärenreservat Schaalsee
Am nördlichsten Zipfel des Schaalsees beginnt das Biosphärenreservat Schaalsee. Hier war Deutschland in Ost und West geteilt. Heute genieße ich die freie Durchfahrt auf einem, für die Region typischen, Pavé-Sektoren. Ab hier ist alles wie vorher nur noch gemütlicher. Die Straße wellt sich zwischen dicken alten Bäumen entlang. Ab und an ist auch mal ein Mensch zu sehen. Sonst gibt es hier nichts.
An der Kirche in Lassahn ist eine Pause angesagt. Die Sonne gibt sich richtig Mühe, reicht aber noch nicht ganz um die Windjacke auszuziehen. Ich packe Keks, Brot und Riegel aus und lasse es mir entspannt gutgehen. Ein dicker Porsche SUV hält auf dem Parkplatz. Frau und Mann in Nobelklamotte steigen aus, schauen sich die Kirche kurz von außen an, machen ein paar Bilder, steigen wieder ein und schon geht es weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit? Weder der überdimensionierte SUV noch die Hektik passen hierher. Nur nicht anstecken lassen!
Kopfsteinpflaster + Kloster + Kuchen = Zarrentin
Viel zu kurz ist die danach folgende schöne Allee und schon rolle ich nach Zarrentin ein. Wieder ein kurzes Stück Paris Roubaix Feeling und bevor das Gebiss auf den Pflastersteinen herausklappert, erreiche ich das Café vor dem Kloster. Auch wenn der Mohnkuchen dort super lecker ist, für die nächsten Kilometer war er nicht so geeignet. Mit jeder Kurbelumdrehung spüre ich die dezente Überfüllung. Das nächste Mal lasse ich einfach das Brot von der Pause vorher weg.
Die ursprünglich geplante Tour verlängere ich noch über Mölln. Nicht weil ich unbedingt noch ein Pavé-Sektor in Mölln haben dazu muss. Vielmehr weil das Wetter einfach viel zu schön ist, um einen kürzeren Weg zu nehmen. In Mölln gönne ich mir noch einen Kaffee in der Sonne. Leider nicht so schön ruhig wie in Zarrentin. Hier quengelt sich heute in Massen der Freizeitverkehr durch, um sich die schöne Stadt anzuschauen. Und Lautstärke scheint ein besonderer Lustfaktor dabei zu sein.
Damit der Rest der Tour in guter Erinnerung bleibt, meide ich die Durchfahrt durch Ratzeburg und fahre von Westen durch die Dörfer direkt zum Bahnhof. Man muss so eine schöne Tour nicht mit der „besonderen Radverkehrsinfrastruktur“ der Stadt „verfeinern“.